Südkorea 1. Teil

30.04.-10.05.2023

Incheon – Seoul – Yangpyeong (Daemyung-Resort) – Yeoju – Chungju – Mungyeong-Eup – Jomchen – Gumi – Daegu

Reisfelder, nichts als Reisfelder soweit das Auge reicht. Und dazwischen fliesst der Nakdonggang ruhig von Stauwehr zu Stauwehr. Noch sind die Reispflänzchen klein, kümmerlich schauen sie aus dem Wasser. Und auch wir schauen ein wenig kümmerlich drein, denn seit 3 Tagen regnet es. Die Schuhe sind nass, durch die Ritzen am Hals, an den Händen und auch am Reissverschluss zieht es ungemütlich in die Kleider, unsere Bremsen geben auch nicht mehr alles her und wir haben Hunger.

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Abendstimmung in Gyeongju
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Seomun-Markt in Daegu
Daegu
 
 
 
Unser Frühstück: Gimbap
 
 
 
 
 
 
Seomun-Markt in Daegu
 
traditionelle koreanische Frauenkleider: Hanbok
 
 
 
 
 
 
Strassenimbiss: Krabbenpfannchuchen am Spiess und scharfe Kohlsuppe
typischer Hotelzimmereingang
 
Ginseng-Geschäft in Daegu
 
 
Daegu - 2,5 Millionen Einwohner
im Selfie-Shop
 
Selfie-Fotostudio
Spielhölle
 
wir werden für's Fernsehen interviewt
 
Gumi - Blick aus dem Hotelzimmer
 
 
Tischgrill...mit Schweinebauch
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
zwischen Chungju und Mungyeong-Eup
 
 
Schere - ein typisches Grillwerkzeug
 
 
 
 
Volkssport: Parkgolf
 
Korea by bike
Reispflanzen setzen
Stempelsammlerin
Gimbap im Restaurant
 
 
 
 
 
Unterhaltung mit Melonenverkäuferin - mit Händen und Füssen
 
 
Bibimbap
 
 
 
 
 
Radweg bei Seoul
unser erstes Restaurant
 
 
Sonntags am Radweg zwischen Incheon und Seoul
Fahrrad (Alternativtext)
Fahrrad auf dem Weg ins Flugzeug

 

Seit 5 Tagen sind wir unterwegs und haben doch schon so einiges gesehen, hier in dem für uns fremden Land. Bei schönstem Wetter hat es uns nach unserer Ankunft in das riesige Flughafengebäude von Incheon gespült. Unsere Räder, zum Glück immer noch gut verpackt in den Kartons, warteten schon auf uns und nachdem wir alles zusammenbaut hatten, eine SIM – Karte gekauft hatten, gings los ins Abenteuer.

Mit der Metro raus aus dem Flughafen und rein ins sonntägliche Gewühl auf den Radwegen am Fluss. Das hätten wir so nicht erwartet, immerhin sind es noch 30km bis Seoul – und auf der ganzen Strecke Radweg, nichts als Radweg. Die ganz kleinen Radler, die ihren Eltern auf und davon fuhren, die Spazierradler, die Rennradler, die Familienradler, die Tandem-Radler, einfach alle waren unterwegs – und wir mittendrin!

Wir habe nicht lange gebraucht, um anzukommen, um hier zu sein. Vom Radweg ins Hotel, ins «Fressviertel» und hinein ins erste Restaurant. Keine Ahnung, was wir hier bekommen, aber die Leute sehen zufrieden aus. Noch bevor unser Essen auf dem Tisch steht – wie hier üblich begleitet von mehreren Schälchen Kimchi und anderen eingelegten Gemüse – legen uns unsere Tischnachbarn ein Stück ihres Essens in unseren Teller: Da, das müsst ihr probieren, ist lecker. Und Reiswein müsst ihr gleich auch noch probieren! Hier, nehmt einen Schluck!

Nein, natürlich haben sie das alles nicht mit Worten gesagt, aber es ist so einfach die neugierigen, interessierten und wunderbar freundlich-fröhlichen Menschen zu verstehen. Manches Mal sprechen wir einfach Deutsch und erhalten Antworten in Koreanisch – und dennoch wissen alle, worum es geht. Mehr als einmal ist es uns passiert, dass uns die Tischnachbarn – oder auch die Kellnerin – ins Essen, in die Teller gelangt haben und uns gezeigt haben, was man wie isst. Die ältere Dame, die mühevoll von ihrem Platz aufsteht, um alle Schüsselchen an unserem Tisch zu öffnen und uns zu erklären, was wozu gehört. Oder der Kellner, der uns beim Tischgrill rasch das Fleisch vom Rost nimmt (es darf bloss nicht, nirgendwo, kross gebraten sein, haben wir gelernt) und dieses dann mit der Schere in mundgerechte Stücke für uns schneidet.

Unser Plan ist es, der «Cross Country Bike Route» von Incheon (Seoul) hinunter bis nach Busan zu folgen. Und so kommt es, dass wir zunächst dem Hangang (Han Fluss) entlang bis nach Chungju gefahren sind, dann über einen kleinen Pass bis zum Nakdonggang (Nakdong Fluss) gelangt sind und nun hier zwischen den Reisfeldern hungrig und nass ein Restaurant suchen. Plötzlich riecht es verlockend gut und wir entscheiden spontan, einzukehren. Unsere von Kälte und Nässe etwas eingerosteten Beine haben so ihre Schwierigkeiten mit dem niedrigen Tisch, der Boden ist zum Glück beheizt und im Nu stehen mehrere Schälchen Kimchi (was auch sonst), eingelegte Mini-Fischchen, Stangenbohnenstückchen mit Sesam und grob geschnittene Gemüsezwiebeln auf dem Tisch. Als Hauptgericht gibt es für alle das Gleiche – Fischsuppe. Dazu ein Schälchen Reis. In unserer Fischsuppe schwimmen 3 grosse Fischköpfe, starren uns an und könnten uns – wären wir weniger hungrig – den Appetit verderben. So aber machen wir uns gewärmt und gestärkt nach Reparatur unserer Bremsen wieder auf den Weg ins ewig niedergiessende Nass.

Es liegt am Wetter – und auch an der nicht ganz unkomplizierte Planung der Radreise – dass wir bisher noch nicht gezeltet haben. 4°C in der Nacht war uns zu kalt, jetzt im Regen macht es keinen Sinn und ausserdem haben wir noch keinen einzigen schönen Campingplatz gesehen. Meist stehen die Zelte – oder Wohnwagen – auf ungemütlich wirkenden Schotterplätzen ohne Schatten und überhaupt haben wir den Eindruck, die Koreaner zelten tagsüber (!) und bauen am Abend ihre Installationen wieder ab, fahren nach Hause. Wir haben das Ganze noch nicht durchblickt, vielleicht kommt das ja noch.

Bisher also überlegen wir uns am Abend immer, wie weit wir wohl am Folgetag radeln möchten und buchen dann ein Hotelzimmer. Booking.com ist uns leider keine grosse Hilfe dabei, die Koreanischen Seiten verstehen wir nicht, aber zum Glück kann uns hotel.com ein wenig weiterhelfen. Die Zimmer sind preiswert und alle ganz ähnlich eingerichtet: ein Queensize-Bett, ein kleines Tischchen, 2 Stühle, riesige Fernseher, Computer, Spiegel an jeder Wand, ein Wasserkocher, Zahnbürste und Zahnpasta, Haarbürsten, Seife/Duschmittel, Haarfön – ja sogar Haarspray und Hautcreme werden zur Verfügung gestellt. Kostenpunkt: CHF 30-50 pro Zimmer pro Nacht.

Und so freuen wir uns nach einem langen Tag auf eine gute Dusche. Jedoch: trocken werden wir nicht mit diesem Frotteetuch von 35cmx70cm Grösse. Dies scheint die Standard-Grösse eines Badetuchs zu sein, wir haben selten einmal ein Tuch in knapp doppelter Grösse zur Verfügung. Die Nasszelle selber ist ebenfalls gewöhnungsbedürftig, und so wie in Asien häufig anzutreffen. Die Duschbrause hängt mitten im Raum, ohne Duschwanne, dafür aber mit Abfluss im Badezimmerboden, das WC steht direkt daneben und wird immer mitgeduscht. Wenn es eine Wanne gibt, dann ohne Vorhang, so dass die Nasszelle dann wirklich ihrem Namen alle Ehre macht. Dafür gibt es extra Badezimmerlatschen, die man in diesem Raum trägt und auch dort belässt, wenn man ihn wieder verlässt. Überhaupt ist das mit den Schuhen so eine Sache, jedes Hotelzimmer hat einen kleinen – manchmal winzigen – Vorraum, in dem die Schuhe gewechselt werden, von Strassenschuhen zu Zimmerlatschen, die auch immer im Hotelpreis inbegriffen sind.

Jetzt sind wir hungrig, das sind wir am Abend immer! So ziehen wir los, befinden uns meist schon im «Fressviertel» der Stadt, die Restaurants scharen sich um die Motels und Hotels. Ansonsten sind die Dörfer und Städte eher etwas gesichtslos. Wir vermuten, dass dies aufgrund des langen und verheerenden Krieges in den 50er – Jahren so ist, der viele Städte in Schutt und Asche gelegt hat. Das Strassenbild ähnelt sich von einer Stadt zur nächsten, die Häuser sind «quadratisch, praktisch, gut» und extrem selten sieht man mal ein Bauwerk, das wohl aus dem 19. Jahrhundert stammen mag.

Und so verirren wir uns mal in ein Fischrestaurant, mal in ein Tischgrill-Restaurant. Und wenn wir uns erst nach 19.30Uhr hungrig auf den Weg machen, dann führt kaum ein Weg an einem «7eleven», «CU» oder «e-market» vorbei. Denn – je nach Städtchen – schliessen die Restaurants spätestens dann, und wir müssen mit Fertig-Food aus den Regalen vorlieb nehmen. Diese eben erwähnten Läden sind in jedem noch so kleinen Dorf zu finden und haben – man glaubt es kaum – 24h/Tag geöffnet. Aber heute schauen wir durch ein schön erleuchtetes Fenster in einen grossen Raum mit vielen Tischen, über denen silbrige Ofenrohre hängen. Das reizt uns sehr, wir setzen uns an einen Tisch und sind sofort überfordert. Schälchen um Schälchen werden aufgetischt – wie immer mit Kimchi in allen Variationen, dazu aber auch einfach Salatblätter und andere handgrosse Blätter, die wir nicht einordnen können. Man fragt uns gar nicht erst, was wir wollen, sondern nur, ob für 1 oder 2 Personen. Wir sind zu zweit – und so biegt sich der Teller mit Fleisch: Schweinebauch, Lendenstück, auch fette Haut mit Schwarte und etwas Undefinierbares. In der Tischmitte wird das Loch geöffnet, drin liegen Kohlestücke. Darunter zischt es und eine Gasflamme erhitzt die Kohle. Über dem Tisch, das silbrige Ofenrohr, ist beweglich, lässt sich näher an die Kohle, und später auch an den Grillrost, der über die Kohlen gelegt wird, ziehen und zieht alle Gerüche ab. Wir wissen immer noch nicht, wie hier gegessen wird, die Tischnachbarn prosten uns zu und sind glücklich, mit uns kommunizieren zu können, und der Kellner schmeisst ein Stück Fleisch nach dem anderen auf den Grill. Offensichtlich ist das Fleisch jetzt gar, denn die berühmte koreanische Fleischschere kommt zum Einsatz, die mundgerechten Stücke werden nun am Rand des Grillrostes drapiert, die Gasflamme kleiner gedreht und wir werden aufgefordert, nun doch endlich mit dem Essen zu beginnen. Und das geht so: man nehme ein Salatblatt, lege ein Stück Fleisch hinein, etwas Kimchi und eine der vielen Sossen dazu, dann das Blatt einrollen und den ganzen Batzen in den Mund schiebe. Mmmh, das schmeckt grossartig! Reis oder eine andere kohlenhydratehaltige Beilage gibt es nicht dazu, dafür aber Soju (Reisschnaps), und der schmeckt hier wirklich gut! Und: müde wird man auch davon, also suchen wir den Weg zurück ins Hotel und schlafen einen wunderbaren Schlaf in den durchwegs gemütlichen Betten!

Irgendwann scheint auch wieder die Sonne, der Radweg scheint schöner als je zuvor und wir radeln und radeln und fühlen uns wohl. Wir fahren vorbei an völlig vermummten Radfahrern, an völlig vermummten Feldarbeitern, an völlig vermummten Spaziergängerinnen. Mund-Nasen-Schutz und breitkrempiger Hut, dazu Sommerhandschuhe und oft auch noch Sonnenbrille – das gehört hier zur Standardausrüstung. Wir haben noch nicht verstanden, ob die Koreanerinnen sich gegen die Sonne, gegen andere Umwelteinflüsse oder gegen die Widrigkeiten von Wind und Wetter schützen. Es ist jedoch interessant, dass wir uns, je wärmer es wird desto mehr von den Kleidern befreien, während die Einwohner unseres Gastlandes sich mehr und mehr zu vermummen scheinen.

Wir radeln vorbei an Sportplätzen, and metallenen robusten Fitnessgeräten auf denen die Generation 60+ herumturnt, vorbei an Park-Golf-Anlagen voller Hausfrauen und pensionierten Paaren. Zwischendurch radeln wir durch Städte und Dörfer und sind – abseits der «Bundesstrassen» – erstaunt über die Ruhe, die in den Quartieren herrscht. Kaum Verkehr, einige Fussgänger, ein paar Radfahrer, aber insgesamt beschauliche Ruhe. Alle paar Kilometer entlang dieses bekannten und viel befahrenen Radwegs «Cross Country Route» steht eine rote Telefonzelle, umfunktioniert zu einem «Certification Center». Hier kann sich jeder Radfahrer, der stolzer Besitzer eines «Korea by bike» – Passes ist, seine Stempel abholen. Leider haben wir es bisher noch nicht geschafft, einen solchen Pass aufzutreiben, aber Stempel holen wir uns trotzdem immer ab.

Wir sind jetzt kurz vor Daegu – und werden Fernsehstars. Ein kleines, vierköpfiges Team von irgendeinem Sender hält uns an einer Radwegkreuzung an, stellt uns fragen, filmt uns. BIGJOO, so nennt sich der «Star», ist neugierig, herzlich und vielleicht auch ein wenig kompliziert. Erst beantworten wir alle Fragen, dann müssen wir uns irgendwo hinsetzen und all diese Fragen wieder beantworten – so tun als ob wir uns gerade erst begegnet sind…. Es wird nicht das erste Mal sein, dass wir BIGJOO begegnen.

Daegu ist schön, wirklich. Wir erreichen unser Hotel «Insomnia» mitten im Ausgehviertel am Abend und entgegen der Erwartungen schlafen wir gut. Am nächsten Tag folgen wir der ehemaligen Stadtmauer, laufen durch die Gassen, besuchen das wirklich sehenswerte «Museum of oriental Medicine», suchen vergeblich den alten Medizin-Markt bis wir realisieren, dass wir schon längst dran vorbei gelaufen sind und finden dafür allerlei kleine und grössere Marktviertel, verbringen viel Zeit im Seomun Markt und sind vollgesogen mit Eindrücken einer Grossstadt.

Wir haben uns gegen die komplette Route quer durchs Land entschieden und suchen uns nun unseren eigenen Weg erst einmal nach Gyeongju, dann weiter an die Ostküste, die wir hinaufradeln wollen. Auch das wird ein Abenteuer, ein weiterer Abschnitt unserer Reise durch ein Land, das wir im Verlauf hoffentlich immer besser kennen lernen werden!