Deutschland

29.03.2013, Waldshut – Stühlingen

Hier begleitet uns der Rhein ein paar Kilometer bis wir auf die ruhige Wutach treffen. Ab jetzt geht es immer gen Norden, dem Flusslauf entlang, vorbei an Tiengen (Gruss an Dieter) sowie durch Wutöschingen, zwei Kilometer von Schwerzen entfernt (Lothar, wir winken dir). Der Radweg ist supergut ausgeschildert, die Strecke ist flach. Leider, leider macht das Wetter ab der Grenze nicht mehr mit. Es fängt erst an zu regnen, später sind einige Schneeflocken untergemischt. Wir entscheiden uns gegen zelten und für ein warmes Bett (DANKE Kutsche). In Stühlingen – unserem ersten Etappenziel – liegt der Gasthof Rebstock hoch über uns. Ein Stühlinger erklärt uns den kürzesten Weg, wir schieben die Räder über glitschiges Kopfsteinpflaster ca. 500m steilstens bergauf. Zwei Schritte vor, einer zurück und das Gepäck wiegt schwer. Belohnt werden wir mit einer warmen Dusche in dem empfehlenswerten Gasthof. Hier haben wir unser letztes Abschiedsessen – Dani und Karin kommen uns mit Maurice und Lea für ein paar Stunden besuchen. Es wird ein gemütlicher Abend.

 

 

30.03.2013, Stühlingen – Geisingen

Am nächsten Morgen ist der Boden weiss, aber glücklicherweise zeigt das Thermometer ein paar Grad über null. Ab jetzt sind wir auf uns gestellt, ab jetzt geht die Reise richtig los. Auf in unbekannte Gefilde! Auf in den Schwarzwald. Dieser wird seinem Ruf gerecht, es geht einige Höhenmeter rauf, wenige runter, wieder viele hinauf. Wir sind erstaunt, was unsere Muskeln hergeben, vor den Steigungen möchten wir am liebsten immer aufgeben, oben angekommen, atmen wir einige Male tief durch, dann geht’s mit frohem Mut weiter.

In Donaueschingen angekommen sind wir durchfroren. Auf der Suche nach einem schönen kleinen Café oder Restaurant werden wir in der ausgestorbenen Stadt nicht fündig, schlussendlich essen wir beim Türken (bzw. Kurden) am Startpunkt des Donauradwegs ein Pide. Immerhin, wir wollen ja in die Türkei, nach Istanbul, da können wir uns hier ja schon mal einstimmen.

Das Donauquellbecken wird restauriert, wir konnten es nicht anschauen. Aber vielleicht können wir ja den Donauzusammenfluss anschauen. „Brigach und Breg bringen die Donau zuweg.»

Ja, das geht, neben der Hundeschule führt ein schmaler Weg entlang der Brigach bis zum Zusammenfluss. Romantisch ist anders, weniger als 100m entfernt überquert eine Autobahnbrücke die frisch geborene Donau, aber wir haben den Startpunkt gesehen – jetzt wollen wir auch die Mündung sehen! Auf geht’s, nur noch flach mehr oder weniger entlang der Donau. Wir fliegen förmlich dahin (im Vergleich zum Vormittag mit den vielen Steigungen) und erreichen im späten Nachmittag Geisingen. Pension Jasmin steht auf dem Haus, wir läuten und werden herzlich empfangen. Wir seien – trotzt des furchtbaren Wetters – immerhin die zweiten Radwanderer dieses Jahr. Zum Abschluss des anstrengenden zweiten Tages trinken wir ein Fürstenberg in der frisch eröffneten Kneipe „na und“.

Eben: na und?

 

31.03.2013, Ostersonntag, Geisingen – Beuron

Wintereinbruch. Wir fahren den ganzen Tag im Schneegestöber, das zwar nicht liegen bleibt, uns aber die Sicht auf 100m versperrt. Vom Vortag sind wir noch müde, fahre eher langsam, der ganze Tag fasst am Ende nicht mehr als 48km mit Mittagsstopp in Tuttlingen. Von der Landschaft bekommen wir nicht viel mit, die Erzabtei Beuron empfängt uns düster und mittelalterlich.

Im einzigen Café am Ort trinken wir einen Tee umgeben von Teekannen, Kaffeekannen, alten Perserteppichen und noch viel mehr Schnick-Schnack. Wir müssen bei jeder Bewegung aufpassen, dass wir nichts umwerfen. Das uns angebotene Zimmer hingegen ist umwerfend. Gross, bunt, mit Balkon und … wieder vollgestellt mit mehr oder weniger kostbaren Sammlerstücken. In 20 Minuten haben wir das ganze Dorf auf unserem Abendspaziergang umrundet; die Klosterkirche ist beeindruckend!

 

01.04.2013, Ostermontag, Beuron – Riedlingen

Zum Glück haben wir uns zur Feier der Ostertage gegen zelten und für Pensionen entschieden. Es ist -2°C und uns frieren die Ohren fast ab. Der Weg ab Beuron ist an vielen Stellen eisig, wir kommen nur langsam vorwärts im gefrorenen Schneematsch vom Vortag. Aber wir sind guten Mutes, schaffen dann doch noch 68km heute. Vorbei geht es bei strahlendem Wintersonnenschein (endlich!) an verschiedenen Burgen und Schlössern, durch Inzigkofen – wunderschön – und Sigmaringen, das ebenfalls beeindruckend ist. Entlang der oberen Donau ist scheinbar alles katholisch und reich (gewesen). Klöster gibt es fast noch mehr als Schlösser, und alle besitzen grosse Ländereien.

Unser Mittagessen besteht vor allem aus Kuchen – in Mengen reden wir einen Moment mit Frau Wigand aus der Bäckerei. Das Interesse an unserer Reise – und das Fernweh – steht ihr ins Gesicht geschrieben. Nun verfahren wir uns das erste Mal, vermutlich weil aufgrund der Bauarbeiten im Ort das Donauradwegschild „vom Weg abgekommen“ ist.

Ab jetzt ist alles flach, die Anstrengung der hügelig-verschneiten-vereisten Donauwaldwege ist fast schon vergessen, da fährt uns der Gegenwind in die Knochen. Trotz der Topfebene und der geteerten Wege kommen wir nun langsam vorwärts. Aber nach 21km und 100 Minuten sind wir endlich in Riedlingen und übernachten – schon wieder – in einer Pension, der „Radfahrerpension mit Herz“.

Hoffentlich wird es bald wärmer und trockener, damit wir endlich zelten können ohne zu erfrieren oder wegzuschwimmen.

 

02.04.2013, Riedlingen – Ulm

Von Osten her nichts Neues … der Wind bläst und wir frieren. Dick eingepackt strampeln wir gen Ulm, ein wenig verschätzt haben wir uns, was unsere Kräfte und die Länge der Strecke angeht.

Nach knappen 40km machen wir Pause in Ehingen und kommen zu spät für ein Mittagessen im Adler. Also wird’s doch wieder eine Döner-Bude. Tee gibt es wie schon in Riedlingen umsonst. Ein bisschen Türkei auch in Deutschland.

Heute werden die Kilometer einfach gefräst, wir sind schweigsam wie sonst nie und kommen nach einem optisch eher mittelmässigen Tag müde in Ulm an. Was ein Glück, dass wir uns schon im Vorfeld für einen Ruhetag am 03.04. entschieden haben. Hotels gibt es hier wie Sand am Meer – aber können wir uns das leisten?

Wir müssen, und verbringen nun 2 Nächte im IBIS am Stadtrand.

 

03.04.2013, Ulm

Ulm ist eine schöne Stadt, das Fischerviertel gefällt uns sehr, per Zufall sind wir genau hier gestern in die Stadt eingereist. Leider ist die Welt weiterhin grau, und auch das Münster wirkt bedrückend – bedrohlich, aber nichtsdestotrotz imposant.

Der Obst – und Gemüsemarkt vor dem Münster versucht, ein paar Farbtupfer zu setzen, was kaum gelingt. Im Sommer ist es bestimmt wunderbar hier, in dieser Stadt. Heute gefallen uns an Ulm am besten …. die Betten im Hotel!

 

04.04. – 08.04.2013, Ulm – Höchstädt – Neuburg – Vohburg – Regensburg – Bogen (bei Straubing)

Bis zum 08.04. soll das Wetter so bleiben. Von daher „fressen“ wir die Kilometer und können die Landschaft kaum geniessen. Auch in den wirklich schönen Städten halten wir uns kaum auf – flanieren macht keinen Spass, die Stühle vor den Cafés sind gestapelt, niemand sitzt draussen – bis auf vereinzelte biertrinkende Raucher.

Das fällt uns hier in Bayern auf: Bier wird schon vor dem Mittagessen getrunken. Wir könnten kaum mehr einen Meter fahren, würden wir um diese Uhrzeit schon Alkoholika zu uns nehmen. Aber wir haben nun auch bald die geplante alkoholfreie Woche hinter uns und werden uns in Zukunft abends den lokalen Gepflogenheiten anpassen.

Weiterhin am Wegesrand reiche Städte und Ortschaften mit grossen Burgen, Schlössern, Klosteranlagen; z.B. Neuburg – eine Stippvisite wert –,  Ingolstadt, Donauwörth und viele mehr.

Besonders eindrucksvoll war die kurze Schifffahrt zwischen Weltenburg und Kehlheim; der erste Donaudurchbruch. Hohe Felsen zu beiden Seiten, im Rücken die eindrucksvolle Klosteranlage und in unseren Ohren der Fahrtwind sowie die Sagen und Legenden, die sich um diese Landschaft ranken.

Regensburg hat uns mit bedecktem Himmel empfangen und im Sonnenschein am nächsten Tag entlassen. Eine wunderbare Stadt, historisch, touristisch und studentisch – eine Mixtur in der es sich wohlfühlen lässt. Abends haben wir das erste gute Bier genossen und sind am nächsten Tag erst spät aufgebrochen zur Walhalla. So ausserirdisch und fehlplatziert – das muss man sich einfach anschauen. Vermutlich haben uns die alten germanischen Götter Kraft geschenkt, denn die kommenden 51km vergingen wie im Flug am ersten fast frühlingshaften Reisetag.