CHANGCHUN
Anfang März war noch Winter, hier im Norden Chinas. Am 04.03.2017 bin ich nach einem langen Flug in die Betonwüste eingefahren, kalt, dreckig aber mit strahlendem Sonnenschein zumindest ein wenig verschönert.
Mein Hotel ist vermutlich das grösste in der Stadt, sicher aber mal das bekannteste für Ausländer, denn egal in welchem Aussenbezirk dieser 7.3-Millionen-Stadt ich einem Taxifahrer mit meinem furchtbaren deutschen Akzent „Shangri La“ entgegenrufe, er weiss immer, wo er hinfahren muss.Ich bin ja zum Arbeiten hier, aber manchmal vergesse ich das ein wenig, denn jeden Tag entdecke ich etwas Neues, fast wie auf unserer grossen Reise.
In der ersten Woche habe ich langsam die Klinik kennengelernt, ein typisches chinesisches Krankenhaus mit der Notaufnahme im Erdgeschoss und fast allen anderen Disziplinen (Kinderheilkunde, Neurologie, Chirurgie, Dermatologie … usw.) im ganzen Haus verteilt. Es ist das „Fourth Jilin Hospital“, also offiziell das viertbeste der öffentlichen Krankenhäuser hier in der Stadt.
Als Nordeuropäer hat man ein wenig Eingewöhnungsschwierigkeiten. Die Patienten werden bei offenen Türen behandelt, es befinden sich immer mehr Personen im Raum, als sein muss und die Räume, die Gerätschaften, sind nicht wirklich auf dem neuesten Stand. Dennoch wird, soweit ich das beurteilen kann, ausreichend gute Medizin betrieben.
Im „International Department“ bin ich einer chinesischen jungen Ärztin unterstellt, die meine Verordnungen wie Labor, Röntgen oder Konsilien in der Landessprache weiterleitet. Wir behandeln die Expats der Autoindustrie – also vorwiegend Deutsche, die sehr häufig unzufrieden mit der medizinischen Versorgung in China sind.
Es ist ja auch so, dass es viele Medikamente, die wir gewohnt sind, nicht gibt. Wenn die Patienten Konsilien haben (Urologie, Gynäkologie, Neurologie, Pädiatrie … etc), dann werden oft genug neben den schulmedizinischen Medikamenten irgendwelche TCM – Kräutermischungen abgegeben, über die mir auch meine chinesische Kollegin keine Auskunft geben kann (da sie Schulmedizin studiert hat.) Kein leichtes Unterfangen also, wenn man (unter anderem) fordernde Manager mit wenig medizinischen Möglichkeiten zufrieden stellen will.
Bei Konsilien wird dann auch schnell mal eine Infusion gelegt – alles was sofort ins Blut geht, heilt besser, und so gibt es ganze Wartesäle mit von der Decke hängenden Infusionshaltern. In so einem Saal befinden sich dann ca. 25 sitzende Patienten zusammen mit ca. 10 in Betten liegenden Patienten – und allen läuft eine neongelbe Flüssigkeit in die Venen.
Die Menschen, die ich hier kennen lerne, sind wunderbar. Und ich bin erstaunt, wie viele doch ein paar Brocken englisch sprechen. Aber es hilft mir dennoch sehr, dass ich mindestens mal die Zahlen auf Chinesisch gelernt habe, so verstehe ich den Taxifahrer, oder auch die Strassenverkäuferin, wenn ich mein undefinierbares Essen bezahlen will. Apropos: nicht ganz einfach, beim Essen etwas zu erwischen, ohne Innereien oder Entenfüsse. Zum Glück sind wir immer neugierig auf neue Geschmacksvariationen. Meist esse ich Nudelsuppe, ab und zu auch verschiedene Gemüse – kalt oder warm – und dann natürlich immer wieder Jiaozi. Das sind „grosse Ravioli“, gefüllt mit z.B. Schweinehack und Sauerkraut, oder Crevetten mit Mais, oder Rindfleisch und Bohnen, oder … oder …. Sehr lecker. Entweder gedämpft, gekocht oder gebraten! Mmh!
Man kennt es «aus dem Fernsehen»: In den Parks ist immer viel los, es wird eifrig „gespörtelt“. Viele Chinesen halten sich, eifrig miteinander schwatzend, an den fest installierten Fitnessgeräten auf, andere tanzen, singen, laufen klatschend, machen Tai Chi oder gehen rückwärts – ein reges Treiben, und niemand geniert sich, irgendwelche Verrenkungen in aller Öffentlichkeit durchzuführen.
China ist eine reizvolles, ein unbekanntes, ein schnelles, ein lachendes Land.Dies war sicher nicht mein letzter Besuch im Land der Mitte!